Grenoble ist mehr ein Weltteil als eine Stadt.
Südliches Flair am Fuße eisbewehrter Alpengipfel
Stendhal hat hier geschrieben, Berlioz komponiert, Steiner studiert und Jongkind gemalt. Grenoble, die Stadt mit dem südlichen Flair inmitten der Alpen, hat schon immer fasziniert und Menschen angelockt, nicht erst seit den Olympischen Winterspielen 1968.
Soviel dazu. In der Tat haben die Olympischen Spiele die Stadt geprägt. Mit einem unglaublichen Bauboom und inzwischen vielen Bauleichen.Nicht zu vergessen die unglaublichen Hochhäuser (die Franzosen sagen schlicht "les tours" dazu).
Man kann eine neue Stadt am besten erfahren, indem man sie durchläuft. Und genau das habe ich getan. Ziemlich oft sogar. Vorzugsweise nachts, wenn der letzte Bus schon längst gefahren ist. Das ist hier um 20:19 Uhr (zwanzig Uhr neunzehn). Wow, Grenoble, oh du Drehkreuz der Alpen. Aber so schlimm ist das nicht. Auf dem Heimweg gibt es nämlich einen freundlichen Araber, der einem auch um weit nach Mitternacht mit einem Dosenbier und dem frommen Wunsch "bonne soirée" zur Seite steht.
Allgemein ist Grenoble eine sehr ehrliche Stadt: Man sieht, was man atmet. Durch die Kessellage mitten in den Bergen (Grenoble selbst liegt auf 240m, die Berge rundrum sind 1000er bis 3000er) bleibt die schlechte Luft gern mal auf eine Tasse Kaffee länger. Aber Gott sei Dank kann man ja auf die Berge gehen, die sind nämlich rund rum immer in Busweite.
Nicht zuletzt, was wäre Grenoble ohne seine "bulles"? Das sind nicht etwa Bullen (le flic, umgangssprachlich für Polizist), sondern eine kleine Seilbahn, die auf die wunderbar über der Stadt gelegene Bastille führt. Von der Bastille runter hat man einen gigantischen Blick über die Stadt und ins umliegende Gebirge, wenn es besonders klar ist, kann man bis zum Mont Blanc sehen.
Durch Grenoble fließt die Isère und teilt die Stadt in zwei ungleiche Hälften. Auf dem einen Flussufer die Altstadt und die hässlichen banlieues (yeah, da wohne ich). Auf der anderen Flussseite ist das italienische Viertel mit Unmengen kleinen (natürlich allesamt seit 30 Generationen sich in original-italienischer Hand befindlichen) Pizzerien. Nichtsdestotrotz hat es seinen ganz eigenen Charme, und Pizza schmeckt auch vom französischen Pizzabäcker. Anders als z.B. der Rhein, darf die Isère ungebändigt durch Grenoble fließen, die Isèreschleifen von oben sehen beeindruckend aus.